Der Preußenkönig Friedrich der Große bekam einmal eine Akte vorgelegt. Er sollte darin der Amtsenthebung eines Pfarrers zustimmen; der Geistliche hatte nämlich zu Ostern gepredigt, er könne aus Gründen der Vernunft nicht an die Auferstehung der Toten am Jüngsten Tag glauben. Der „Alte Fritz“ hat die Eingabe abgewiesen mit den Worten: „Das ist ganz und gar seine Sache! Wenn er nicht auferstehen will, dann soll er doch meinetwegen am Jüngsten Tag liegen bleiben.
Friedrich der Große war bekannt für seine Toleranz in religiösen Dingen. Einer seiner Leitsätze lautete: „Jeder soll nach seiner Fasson selig werden“. Eine solche Toleranz mag uns Menschen des 21.Jahrhunderts durchaus sympathisch sein.
Der Apostel Paulus aber ist hier ganz unnachgiebig. Für ihn ist die Frage nach der Auferstehung eine Kernfrage des christlichen Glaubens. Nicht Weihnachten und das Kind in der Krippe sind der Ausgangspunkt des Christentums, sondern Ostern und das leere Grab. Anders als der Preußenkönig schärft Paulus den Gläubigen in Korinth ein: „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer, leer auch euer Glaube“ (1Kor 15,14). Was der Apostel den Korinthern schrieb, gilt heute genauso. Unser Glaube ist ohne Fundament, wenn Christus gestorben, aber nicht auferstanden wäre. Wenn Christus im Tod geblieben ist, dann si sein Kreuz ein sinnlos grausamer Tod, der uns von nichts erlöst hat. Unsere Liebe würde einem Toten gelten, unser Glaube wäre Erinnerung an einen Menschen der Vergangenheit, nicht aber an den, der gesagt hat: „Ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt (Mt 28,20).
Was aber ist der theologische Kern des Osterglaubens? Es ist der Glaube an den „lebendigen und wahren Gott“ (1Thess 1,9). Er ist der Schöpfer. Das Buch der Weisheit, das jüngste Buch des Alten Testamentes, sagt von ihm: „Gott hat keine Freude am Untergang der Lebenden. Zum Dasein hat er alles geschaffen und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt.“ (1,13-14) Gott liebt das Leben; er ist kein Gott von Toten, sondern von Lebenden“ (Lk 20,38).
Es ist für mich tröstlich zu sehen, dass der Osterglaube von Anfang an vom Zweifel begleitet ist. Die Evangelien sind ehrlich; sie verschweigen nicht den Zweifel, die Skepsis, das Fragen.
Die Frauen, die am ersten Tag der Woche in aller Frühe zum Grab kommen, entdecken, dass es leer ist. „Zwei Männer in leuchtenden Gewändern“ sprechen sie an: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden.“ (Lk 24,5).
Als die Frauen zu den Aposteln und den übrigen Jünger kamen und berichteten, was sie erlebten, glaubt man ihnen nicht. Man hielt das, was sie sagten für leeres Gerede, für „dummes Geschwätz“. Es wird noch einige Zeit dauern, bis sich die Apostel und die Jünger überzeugen lassen, dass Jesus auferstanden ist und lebt. Er erscheint ihnen mehrmals, zeigt ihnen seine Wundmale und spricht mit ihnen.
Auch heute haben viele Menschen, ja auch viele Christen Probleme mit der Botschaft von der Auferstehung Christi. Wundern wir uns nicht darüber! Unser Glaube bleibt ein angefochtener Glaube. Denn der Zweifel ist sein ständiger Begleiter. Gott hat in unserer Welt einen Raum für den Zweifel gelassen, damit der Glaube seine Würde als freier Akt und als ein mutiger Schritt hin zum Reich des Geheimnisses nicht verliert. Die Aussage des französischen Philosophen Blaise Pascal gilt auch heute: „Es gibt genug Licht für diejenigen, die sich aus der ganzen Seele wünschen, Gott zu sehen, und genug Dunkelheit für diejenigen, die den entgegengesetzten Wunsch haben.“
Ich bin überzeugt: Es gibt für uns gute Gründe, anzunehmen, dass die Auferstehung Jesu keine Einbildung ist, sondern ein Ereignis, das geschichtlich feststellbare Spuren hinterlassen hat. Dass der Auferstandene keine Phantasiegestalt ist, sondern Jesus selbst, der Gekreuzigte.
Was bedeutet die Osterbotschaft für unser Leben, für unseren Alltag? Die Osterbotschaft ist eine Botschaft der Hoffnung. Die Hoffnung bedeutet nicht, dass alles irgendwie gut wird. Die Hoffnung schenkt uns aber den Glauben, dass es besser werden kann. Nicht nur das: Mit Gottes Hilfe können wir auch selbst etwas tun, dass es besser wird.
Wir Christen sind berufen, diese Hoffnung im Alltag vorzuleben. Wir sollen anderen Mut machen und uns gegenseitig bestärken. Und wir dürfen uns von dem, was uns niederdrücken könnte, nie ganz vereinnahmen lassen. Es tut gut, wenn wir uns immer wieder ein Stück zurückziehen zum Gebet oder zum Gottesdienst, um aufzutanken, um Kraft zu schöpfen für den Alltag. Und danach können wir uns wieder den Herausforderungen des Lebens stellen. In dem Glauben, der uns zeigt: Wir sind verankert in etwas Größerem – egal wie groß ein Problem gerade ist. Wir sind verankert in Gott, von dem die Bibel sagt, er ist die Liebe. Diese Verankerung in Gott gibt Kraft. Sie hilft, den Blick zu weiten und zu erkennen, dass wir nicht alles allein bewältigen müssen. Wir haben nicht nur unsere menschlichen Möglichkeiten, um Lösungen für Probleme zu finden. Sondern wir dürfen immer auch auf die Möglichkeiten Gottes hoffen.
Mit dieser Hoffnung im Herzen sollen wir tun, was wir tun können – und dann auf Gott vertrauen. Er wird auch das Seinige tun. Wir dürfen uns darauf verlassen, dass seine Gedanken und Pläne Gedanken des Heils und nicht des Unheils, des Lebens und nicht des Todes sind.
Christus ist wahrhaft auferstanden! Dieses Bekenntnis ist keine Illusion, sondern der Grund unserer Hoffnung. Nicht der Tod hat das letzte Wort, sondern Gott, der neues Leben schafft – jenseits von Raum und Zeit, aber auch schon jetzt mitten in unserem Leben, in unserer Welt. Wer glaubt, der kann dieses Geheimnis spüren.
A m e n