Schmuckband Kreuzgang

Allerheiligen

Hl. Antonius (c) Martina Bauer
Hl. Antonius
Datum:
So. 1. Nov. 2020
Von:
Martina Bauer

Glückwunsch, Ihr Heiligen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

01.11.2020

Allerheiligen, LJ A (2020):                                                        zu: 1 Joh 3,1-3 & Mt 5, 1-12a

(VAM und St. Martin)                                                                                                                  

 

Glückwunsch, ihr Heiligen!

 

  1. Glückwunsch, all ihr Heiligen!“ möchte ich Ihnen heute allen zurufen. Denn tatsächlich ist das Hochfest Allerheiligen nicht bloß ein pragmatisch zusammengefasstes gemeinsames Heiligengedenken für all die, die irgendwann mal in der Kirche heilig gesprochen wurden und von denen wir glauben, dass sie um den himmlischen Thron stehen und Gott loben und für uns hier im Jammertal der Erde fürbittend eintreten, wie es Johannes in der ersten Lesung in seiner großen Vision vom himmlischen Jerusalem beschreibt. Ein Tag für alle, damit wir bloß keinen vergessen, sozusagen. Ja, das ist Allerheiligen auch – eine Art Blick in den geöffneten Himmel, wie wir es später in der Präfation eindrucksvoll beten: „Heute schauen wir die heilige Stadt, das himmlische Jerusalem, unsere Heimat. Dort loben dich auf ewig die verherrlichten Glieder der Kirche, die schon zur Vollendung gelangt sind.“ Und dabei geht es eben nicht nur um die formell heilig gesprochenen, sondern um alle, die uns in den Himmel voraus gegangen sind, die bei Gott schon vollendet sind, also auch um unsere Verstorbenen. Deshalb an Allerheiligen der Besuch an den Gräbern, auf den Friedhöfen.
  2. Aber Allerheiligen ist mehr als die Heiligen im Himmel. Es ist die Erinnerung, dass wir alle in den Augen Gottes Heilige sind! Weil wir Kinder Gottes sind: „Seht, welche Liebe uns der Vater geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es!“ sagt derselbe Johannes in der 2. Lesung. Wir sind Kinder Gottes! Kinder des Allerheiligsten! In der Taufe hat er uns als seine geliebten Kinder angenommen. Nicht weil wir es uns verdient hätten, nicht weil wir da schon so großartiges geleistete hätten, nicht weil wir so heiligmäßig gelebt hätten. Sondern einfach: weil Gott uns so unfassbar liebt! Die Taufe war und ist unsere formelle Heiligsprechung. Ob wir es nun wollen oder nicht: Wir sind die Heiligen Gottes! Sie alle, wie Sie da sitzen. Daran erinnert uns jedes Jahr das Hochfest Allerheiligen. Das bekennen wir im Übrigen jeden Sonntag im Glaubensbekenntnis, wenn wir sprechen: „Ich glaube: die heilige, katholische Kirche: die Gemeinschaft der Heiligen!“ Deshalb noch einmal: „Glückwunsch, heute an eurem Ehrentag, ihr Heiligen, die ihr da unten hockt!
  3. Jetzt kann ich mir schon denken, was in manchen Köpfen vorgeht: „Ich doch nicht!“ werden die meisten denken. Und nicht einfach nur aus Bescheidenheit. Wahrscheinlich fält jedem, wenn er oder sie ehrlich ist, schon das eine oder andere im eigenen Leben ein, was uns nicht gerade zum Heiligen qualifiziert. Charaktereigenschaften, die so gar nicht zu einem Heiligen passen wollen. Die Portion Egoismus, mit der wir dann doch auch hier und da sehen, dass wir selbst nicht zu kurz kommen. Neid, Eifersucht, die eine oder andere Lieblosigkeit. Und wem gar nicht einfällt, wer innerlich entspannt lächelt und denkt: endlich sieht mal einer, wie makellos und heiligmäßig ich doch bin! Den disqualifiziert schon der eigene Hochmut, die Überheblichkeit, die Unfähigkeit, eigene Fehler auch nur wahrzunehmen oder zuzugeben.
  4. Und wenn wir länger drüber nachdenken, dass das ja auch bedeutet, dass nicht nur ich – das könnte ich mir ja noch gefallen lassen – sondern auch alle anderen in den Saugen Gottes Heilige sind: dem fällt dann erst recht die Klappe runter: die da, die alte Giftspritze, soll heilig sein? Das ich nicht lache! Und der da, der mir neulich erst so unverschämt kam? Und die, die nach jedem Gottesdienst rausrennt und über die andern her zieht? Und der, der in seiner ganzen Nachbarschaft mit allen Krach hat? Die alle sollen Heilige sein?
  5. Ja, sind sie. Das ist gerade das Unglaubliche an der Liebe Gottes: dass er da keinen Unterschied macht. Die alle, wir alle sind Heilige. Heute ist das Fest aller Heiligen! Ausnahmslos. Wenn man sich das bewusst macht, dann spürt man sofort, wie unfassbar groß die Liebe Gottes ist, dass er uns alle, unabhängig davon, wie wir uns verhalten, zu seinen Kindern gemacht hat und damit zu Heiligen. Wir spüren aber auch, dass das nicht nur ein unfassbares Geschenk ist, eine unbezahlbare Gabe, die Gott uns „gratis“, also aus reiner Gnade geschenkt hat. Sondern eben auch eine Aufgabe, eine Herausforderung, ein Anspruch: nämlich so zu leben, wie es Kindern Gottes entspricht. Und zwar nicht, damit Gott uns liebt, sondern weil er uns liebt!
  6. Die Liebe Gottes ist es, die uns motiviert und anstachelt und immer wieder neu herausfordert, dass wir so leben, wie es uns Christus vorgelebt hat. Dass wir uns an seiner Bergpredigt orientieren, die mit den Seligpreisungen anfängt: mit dem Zuspruch, dass wir selig sind, selbst wenn wir arm und trauernd sind, selbst wenn wir geschäht und verfolgt werden. Im Guten und im Bösen: Gott liebt uns. Und deshalb dürfen, wollen wir alles dran setzen, um uns dieser Leibe würdig zu erweisen. Und wo es uns nicht gelingt, nicht aufgeben, sondern immer wieder von vorn anfangen. Wo wir fallen: immer wieder aufstehen. Das können wir an den Heiligen – den formell heiliggesprochenen Heiligen lernen: die sind auch nicht heilig, weil sie immer nur tadellos gelebt hätten, sondern weil sie Gott zugetraut haben, dass er sie zu besseren Menschen machen kann; weil sie seine Liebe zugelassen haben – vorbehaltlos. Und diese Liebe kann uns verändern, verwandeln, zu neuen Menschen machen. Deshalb ist für mich Allerheiligen nicht das Fest, das uns sagen will: „Strengt euch noch mehr an, dass ihr einigermaßen heilig lebt!“; sondern: „Lasst euch, so wie ihr seid, auch mit euren Fehlern, eurem Versagen, euren Grenzen von Gott lieben. Öffnet euch seiner Liebe, die die Kraft hat, euch zu verwandelt und zu dem zu machen, was ihr längst schon seid: die Heiligen Gottes!“