Schmuckband Kreuzgang

Predigt vom 2. Sonntag nach Weihnachten

Predigt vom 2. Sonntag nach Weihnachten (c) Martina Bauer
Predigt vom 2. Sonntag nach Weihnachten
Datum:
Sa. 2. Jan. 2021
Von:
Martina Bauer

Die Hoffnung, zu der wir berufen sind: Christus

 

 

 

 

 

 

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  1. Sonntag nach Weihnachten, LJ B (2021): zu: Eph 1, 3-6.15-18

Die Hoffnung, zu der wir berufen sind: Christus

  1. In seiner Weihnachtsansprache hat der britische Premierminister Johnson seinen Landsleuten den Sinn von Weihnachten erklärt. Weihnachten in diesem Jahr sei völlig außergewöhnlich und vermutlich hätte noch nie jemand in seinem Leben so ein Weihnachtsfest erlebt. Aber an Weihnachten gehe es letztlich ja auch nicht um Geschenke, Truthähne und Brandybutter, so sehr er das Zeug möge, sagte er. Es gehe vielmehr um Hoffnung und Erneuerung! Damit liegt er genau auf der Linie des Apostels Paulus, der die Gemeinde von Ephesus in der Lesung daran leidenschaftlich erinnert: „damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr berufen seid, welcher Reichtum euch geschenkt ist“. Aber bei allem, was dann kam in der Weihnachtsansprache, würde sich Paulus wahrscheinlich im Grab umdrehen: Jetzt, so sagt Johnson, sei tatsächlich ein Stern aufgegangen, ein Hoffnungsstern: „Wir haben einen Impfstoff, und wir wissen, dass wir das Coronavirus schlagen werden!“ Damit man nächstes Jahr unter dem Mistelzweig wieder knutschen könne. Auch von den Weisen aus dem Osten spricht er – das sind für ihn die Firmeninhaber von Biontech. Ich fürchte, die Queen war nicht amused über diese so säkulare Interpretation des Weihnachtsfestes, in die er schließlich auch noch stolz seinen Deal mit der EU als Weihnachtsgeschenk verpackt hat.
  2. Wenigstens an dem einen Punkt hat er aber den Kern von Weihnachten getroffen: es geht um Hoffnung, und um Licht. „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt“, hören wir heute noch einmal wie am Weihnachtstag im Evangelium. Ich habe schon oft erzählt, wie sehr es mich beeindruckt, dass der Wormser Dom genau auf den Sonnenaufgang am 25. Dezember, am Weihnachtstag hin ausgerichtet, geostet ist. Und damit seit tausend Jahren unmissverständlich deutlich macht, was, oder besser: wer der Stern ist, der aufgegangen ist: Jesus Christus. Auf ihn hin richtet sich unsere Hoffnung. Er ist das Licht, das an Weihnachten in die Welt kommt. In ihm hat unsere Hoffnung ein Gesicht bekommen: Eine Hoffnung, die auch dann noch trägt, wenn die Immunität, die der Impfstoff gibt, längst abgeklungen ist. Und die viel weiter trägt als nur in den Ängsten und Gefährdungen der gegenwärtigen Pandemie.
  3. Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht“ Dieses große Wort des ehemaligen tschechischen Präsidenten und Philosophen Vaclav Havel ist mir in den Sinn gekommen. Das ist eine andere, viel tiefere Art von Hoffnung als die, von der der blonde Brite gesprochen hat. Nun muss man wissen: Vaclav Havel bezeichnete sich selbst als Atheisten, wenn auch einen mit einer hohem Wertschätzung für das Christentum. Und doch trifft er mit diesem Wort genau, was unsere Hoffnung ist. Der Gott, an den wir glauben, ist nicht einer, der in die Welkt kommt und alles ist gut. Der Glaube ist nicht wie ein großer himmlischer Schutzschild, den Gott um uns breitet und an dem alle Gefährdungen, alles Böse, alle Schicksalsschläge und Herausforderungen einfach abprallen. „Das Wort ist Fleisch geworden“, das bedeutet: wir glauben an einen Gott, der sich mitten in diese Welt, wie sie nun einmal ist, hineinbegibt, dieses menschliche Leben mit uns teilt; der mitfühlen kann mit unseren Ängsten, unserer Trauer, unserer Verzweiflung, aber auch mit unseren Freuden, Hoffnungen, Sehnsüchten. Weil er Mensch geworden ist, deshalb steht er an unserer Seite. Komme, was da wolle: Gott ist bei uns! Er nimmt uns das Schwere, das Leid nicht einfach ab. Aber er steht uns in all dem bei und gibt die Kraft, die es braucht, damit wir nicht zerbrechen. Das ist unsere Hoffnung: nicht, dass Gott kommt und alles ist gut, nicht dass am Ende alles gut ausgeht. Gott ist nicht unsere absolute Garantie für das Happyend. „Hoffnung ist die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht!“ Und dass wir nicht allein sind, egal, was uns das Leben zumuten mag.
  4. Für den Ökumenischen Jahresschlussgottesdienst hatten Dekan Storch und ich uns ein Glaubensbekenntnis ausgewählt, das Dietrich Bonhoeffer formuliert hat. Der evangelische Pfarrer und Widerstandskämpfer im Dritten Reich, der aus dem Gestapo-Gefängnis, die eigene Hinrichtung vor Augen, zu Silvester 1944, jene wunderbaren Worte voller Zuversicht gedichtet hat: „Von guten Mächten wunderbar geborgen“. Ebenso im Gefängnis hat er dieses Glaubensbekenntnis verfasst, das angesichts seiner ausweglosen Lage dennoch so voller Hoffnung und Zuversicht ist, das aber eben unsere christliche Hoffnung nicht zu einer billigen Happy-End-Hoffnung macht:

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten,

Gutes entstehen lassen kann und will.

Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.

Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandkraft geben will,

wie wir brauchen.

Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst,

sondern allein auf ihn verlassen.

In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.

Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind,

und dass es Gott nicht schwerer ist mit ihnen fertig zu werden,

 als mit unseren vermeintlichen Guttaten.
Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist,

sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.

  1. Ja, das ist mein Glaube: der Glaube an einen Gott, der eine Hoffnung schenkt, die wirklich Kraft gibt und standhalten lässt, komme, was da wolle. Das ist viel mehr und reicht viel tiefer als die billige Hoffnung, von der der englische Premier so flapsig gesprochen hat. Das ist die Hoffnung, zu der wir als Christen berufen sind. Diese Hoffnung hat einen Namen, ein Gesicht: Jesus Christus, das Kind in der Krippe. Er ist das wahre Licht, das in die Welt gekommen ist; das Licht, das in der Finsternis leuchtet und das keine Finsternis erfassen kann. Amen.