Wie die Pfarrgruppe Dom und St. Martin in diesem Jahr Ostern feiert
Zu den Einschränkungen der weltweiten Corona-Pandemie gehört auch ein ausdrückliches Verbot öffentlicher Gottesdienste. So etwas habe es wohl seit der Christianisierung unserer Region unter den Römer und später unter den Franken noch nie gegeben: dass an Ostern, dem zentralen Fest der Christenheit, keinerlei öffentliche Gottesdienste gefeiert werden dürfen, erläutert Propst Tobias Schäfer. Und das weltweit! „Aber Ostern fällt deswegen ja nicht aus!“ betont er eindringlich. Im Gegenteil: Jetzt erst recht würde man Ostern feiern. Denn Ostern bedeute im Kern den Sieg des Lebens. „In seiner Auferstehung besiegt Christus den Tod und alles, was die Spuren des Todes an sich trägt. Ostern ist das Fest der Hoffnung: einer Hoffnung, die stärker ist - sogar als der Tod.“ Diese Hoffnung könne die vielfach verunsicherten Menschen gerade angesichts der Ängste und Einschränkungen durch die Pandemie tragen und Kraft schenken, ist der Propst fest überzeugt. Deswegen sei Ostern gerade jetzt so wichtig: „Kreuz und Auferstehung sind die Antwort Gottes auf alles Leid in der Welt!“
Wie aber Ostern feiern, wenn die Gemeinde nicht zum Gottesdienst zusammen kommen könne? Wir setzen darauf, dass man auch zuhause beten, in der Bibel lesen und Gottesdienst feiern kann. In der Frühzeit des Christentums haben sich die Christen als Hausfamilie in ihren Häusern versammelt, gebetet, gesungen, miteinander Gottesdienst gefeiert. Gebet und die Begegnung mit Gott funktioniere auch außerhalb von Dom und Kirche. So wichtig es sei, sich auch als Gemeinde zu begegnen und gegenseitig zu stärken, so zentral für die Christen die Gemeinschaft und der gemeinsame sonntägliche Gottesdienst sei: Gottesdienst feiern kann und darf auch jede Familie zuhause. Und wenn es sein muss, kann das auch jeder allein für sich. Seit Beginn der Pandemie laden die Kirchen ein, dass sich alle Christen am Abend zeitgleich im Gebet verbinden. In Worms läuteten in ökumenischer Verbundenheit allabendlich um 18:30 Uhr die Glocken und laden so zum Gebet ein: jeder für sich und doch alle gemeinsam. So sei die ganze Gemeinde auch eingeladen, sich an den Sonntagen zum gemeinsamen Gebet zuhause zu versammeln, und gerade jetzt in den Tagen der Kar- und Osterwoche. Für die Gebetszeiten und Gottesdienste zuhause habe man verschiedene Anregungen und Modelle entwickelt, insbesondere auch für Familien mit Kindern, die hier auf der Homepage der Domgemeinde herunterzuladen seien, aber auch in gedruckter Form in den Kirchen zum Mitnehmen ausliegen für alle, die nicht so internetaffin seien oder keinen Zugang hätten. Die Kirchen sind und bleiben tagsüber geöffnet für das persönliche und private Gebet.
Messe vor leeren Bänken – und doch ist die Gemeinde dabei
Seit Beginn der Einschränkungen zeichnet die Domgemeinde den Sonntagsgottesdienst im Dom auf und stellt ihn über Youtube ins Internet. Natürlich wissen wir, dass es auch die professionellen Fernsehgottesdienste gibt und damit können und wollen wir gar nicht konkurrieren. Aber wir wollen für die, denen gerade jetzt die Verbindung mit ihrer Gemeinde und Kirche wichtig ist, eben auch dieses Angebot machen. Die Gottesdienste, die der Propst und die Geistlichen der Gemeinde jetzt vor leeren Bänken zelebrieren, unterliegen strengen Auflagen. Sie müssen hinter verschlossenen Türen stattfinden. Maximal fünf gleichbleibende Personen dürfen teilnehmen – neben den Geistlichen der Organist Domkantor Dan Zerfaß und der Domküster Markus Löhr – alle natürlich mit ausreichend Abstand. Dazu kommt die Gemeinschaft der indischen Ordensschwestern, die in Worms ansässig sind und die vor allem in der Altenpflege wirken. Mit den Schwestern, die ja als Hausgemeinschaft ohnehin zusammen wohnen und leben, feiern wir jeden Tag eine Messe. Für die Liturgien der Kar- und Ostertage tun wir das im Dom und sie vertreten dabei nun gleichsam die ganze Gemeinde. Und dann ist da noch Martina Bauer, die Leiterin der Kita St. Lioba, die in diesen Tagen, da viel an Begegnung plötzlich virtuell passieren muss, sich als Internetexpertin und bei den Gottesdiensten als Kamerafrau einbringt.
Noch mit einer anderen Idee wolle man wenigstens symbolisch die ganze Gemeinde teilnehmen lassen. Die Dom- und Martinsgemeinde hat ihre Gemeindemitglieder aufgerufen, Fotos von sich und der Familie zu schicken, die dann ausgedruckt und an den Bänken im Dom befestigt werden. So sei die Gemeinde bildlich und symbolisch immer dabei, wenn in diesen Tagen Gottesdienst gefeiert würde. Außerdem haben alle die Möglichkeit, über Internet Fürbitten und Gebetsanliegen zuzusenden, die dann in den Gottesdiensten ins Gebet genommen werden.
Die Messen der Kar- und Ostertage
Mit dem Palmsonntagsgottesdienst, den man auch ins Netz gestellt habe, habe man die Karwoche eröffnet. Die gesegneten Buchszweige, die als Symbol für die Palmen stehen, mit denen die Menschen einst den Einzug Jesu in Jerusalem bejubelten, standen im Dom und in der Martinskirche in einem großen Korb bereit: hier konnten sich die Gemeindemitglieder einen geweihten grünen Zweig für ihre Häuser holen. Traditionell werden damit die Kreuze geschmückt. Der grüne Zweig ist ein Zeichen des Lebens, der Hoffnung. Die gesegneten Palmzweige sind so ein Stück Hoffnung zum Mitnehmen.
Am Gründonnerstagabend gedenkt die Kirche des Letzten Abendmahles. Auch diesen Gottesdienst werde man aufzeichnen und im Internet einstellen.
Für Karfreitag und den Osternachtsgottesdienst, den wichtigsten Gottesdienst des ganzen Kirchenjahres, habe man sich schließlich professionelle Hilfe geholt. Wir sind sehr dankbar, dass uns das Team des Offenen Kanal Worms hier Unterstützung angeboten hat. Momentan prüfe man noch die technischen Möglichkeiten. Wenn möglich, werde dann der Karfreitagsgottesdienst mit der traditionellen Verehrung des Kreuzes am Freitag um 15:00 Uhr und der Osternachtsgottesdienst, der am Ostermorgen um 5:30 Uhr beginne, live im Offenen Kanal (RheinLokal Worms) gezeigt werden, so dass man zuhause direkt mitfeiern könne.
„Ostern to go“
Auch an Ostern wolle man den Menschen etwas aus dem Gottesdienst mitgeben: wie jedes Jahr würden im Osternachtsgottesdienst Ostereier und Kerzen gesegnet. Die stünden dann ab Ostersonntag im Dom und in der Martinskirche zum Mitnehmen bereit. Gerne könnte man auch das Licht der Osterkerze, die traditionell am Osterfeuer entzündet wird, mit nach Hause nehmen. „Ostern to go“, schmunzelt der Propst. So könne man sich auch im eigenen Heim um die Osterkerze versammeln. Angeregt wurde auch, sich zuhause eine Kerze selbst zu gestalten nach dem Modell der Osterkerze im Dom. Denn auch die Osterkerze selbst, die die ganze Osterzeit über im Dom brennen würde, nimmt in diesem Jahr bewusst auf die Corona-Krise Bezug: „Ich bin bei euch alle Tage!“ Diese Verheißung des auferstandenen Jesus steht in hoffnungsvoll leuchtender Schrift auf der Osterkerze, die von der Gemeindereferentin Sarah Purpus-Menzel und von Christine Springer entworfen und gestaltet wurde. Keine Frage: dieses Osterfest wird ganz anders als alle Ostern, die wir bisher erlebt haben. Aber wir sind uns ganz sicher, dass die österliche Hoffnung und Freunde auch und vielleicht ganz besonders in dieser speziellen Situation am Ende durchbricht.