Schmuckband Kreuzgang

Das Wort zum Sonntag

Ohne Liebe verfehlen wir unser Leben - Text: Lk 16, 19-31

Pfarrer Karl Zirmer (c) Markus Schenk, Büttelborn
Pfarrer Karl Zirmer
Datum:
Sa. 27. Sept. 2025
Von:
Pfarrer Karl Zirmer

Die Erzählung vom reichen Mann und vom armen Lazarus kennen wir seit Kindheitstagen. Ihre Bildhaftigkeit hat stets die menschliche Phantasie angeregt, vor allem die der Künstler. Gerne haben sie die drastischen Beschreibungen vom Jenseits ins Bild gesetzt: Den Schoß Abrahams, in dem der arme Lazarus ruhen darf, und das brennende Feuer, in dem der reiche Mann Höllenqualen erleidet. Doch wir dürfen nicht zu lange vor diesen Bildern verweilen; sie würden uns von der eigentlichen Botschaft dieser Lehr-Erzählung abhalten und ihre wirklichen Anliegen verdecken. 

Das Gleichnis will nicht informieren, wie das Jenseits aussieht, wie Himmel und Hölle beschaffen sind, wie heiß das Feuer in der Hölle brennt. In der Hölle brennt überhaupt kein Feuer. Die Hölle, von der der Katechismus spricht, ist „der Zustand des ewigen Getrenntseins von Gott, die absolute Abwesenheit von Liebe“ (YOUCAT Nr. 161).

Im Gleichnis vom armen Lazarus und vom reichen Mann geht es eigentlich nicht um das Jenseits, sondern um das Diesseits. Hier im Diesseits, im irdischen Leben gibt es Missstände, Fehlhaltungen und falsche Anschauungen. Weil sie unser Leben beeinträchtigen und unser Glück gefährden, will unsere Geschichte davor warnen und uns helfen, diese zu beseitigen.    

Es geht in diesem Gleichnis auch nicht darum, die Armen zu vertrösten oder gar zu beschwichtigen. Jesus wollte die Armen nicht vertrösten, im Gegenteil: Jesus wollte Veränderung, und zwar nicht erst in der Zukunft, nicht jenseits der Schwelle des Todes, sondern er wollte Veränderung bereits jetzt, hier und heute.

Am Beispiel des Reichen kritisiert Jesus eine innere Haltung, die das krasse Gegenteil von Liebe und Gerechtigkeit ist, den Egoismus. Nicht weil der Mann im Gleichnis reich ist, verfehlt er die ewige Seligkeit, sondern weil er sich als ein schäbiger Egoist verhält, der nicht bereit ist, zu teilen. Lieblosigkeit ist Gottlosigkeit. 

Im Gleichnis vom armen Lazarus und vom reichen Mann wird nach unserer Einstellung zum Mitmenschen gefragt, zum Menschen, mit dessen Notlage wir konfrontiert werden, ob er nun in unserer unmittelbaren Nachbarschaft wohnt oder ein Mensch der Dritten Welt ist. Wo ist Lazarus vor unserer Haustür? Wo ist der Mensch, der auf unsere Hilfe angewiesen ist?

Das Wort Gottes, dem wir in der Bibel begegnen, zu verkünden: Darin sehe ich meine Aufgabe als Priester. Das tue ich schon seit 40 Jahren und das möchte ich jetzt auch hier in Kostheim tun. In diesem Sinne stehe ich in Kontinuität mit allen meinen Vorgängern, die hier gewirkt haben. Es ist das gleiche Evangelium, das wir verkünden; aber es muss immer wieder in die Sprache der Zeit, in der wir leben, übersetzt werden, damit es auch verstanden wird. Darin sehe ich eine wichtige Aufgabe und Herausforderung für mich: das Evangelium so zu verkünden, dass es auch zur Antwort werden kann auf die Fragen unserer Zeit.

Ich erlebe heute zum dritten Mal eine Amtseinführung, ohne dass ich meinen Wohnort wechseln muss: im November 2003 wurde ich in Ginsheim und in Gustavsburg eingeführt; im Oktober 2005 in Bischofsheim und heute in Kostheim. In dieser dreifachen Amtseinführung widerspiegeln sich auch die großen Veränderungen, die wir in den letzten 20 Jahren in unserem Bistum und in unseren Gemeinden erlebt haben und erleben. 2005 wurden die Pfarrgruppen gebildet. Jetzt reden wir vom Pastoralraum und sind auf dem Weg zur Bildung der neuen Pfarrei St. Anna AKK-Mainspitze. 

Der Bischof hat mich unter Beibehaltung meiner bisherigen Tätigkeit als Pfarrer der Mainspitzgemeinden und als Leiter des Pastoralraumes AKK-Mainspitze auch zum Pfarradministrator der beiden Kostheimer Gemeinden St. Kilian und Maria-Hilf ernannt. 

Der Aufgabenbereich hat sich damit für mich gewaltig vergrößert, die Zeit aber die mir zur Verfügung steht, ist die gleiche geblieben. Wie soll man das bewältigen? Allein geht es gar nicht. Deshalb bin ich froh, dass zu uns neu hinzukommen wird Pfarrer Dr. Mathias Miedreich als Pfarrvikar für unseren Pastoralraum.  

Unterstützt werden wir in der Seelsorge vom ganzen Team der hauptamtlichen pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich heute vorgestellt haben. Unterstützt wird das Pastoralteam in den Pfarrbüros vom Team der Pfarrsekretärinnen. Auch sie haben sich heute vorgestellt. 

Es war mir ein ganz wichtiges Anliegen, meine Amtseinführung mit der Vorstellung des Pastoralteams und Pfarrsekretärinnen zu verbinden, um sichtbar zu machen, dass in den Gemeinden des Pastoralraums ein ganzes Team hauptamtlich tätig ist. Die Aufgaben, die die Einzelnen wahrnehmen, sind oft gemeindeübergreifend. In den Arbeitsbereichen der Pastoral und der Verwaltung gibt es immer mehr fließende Übergänge. Langsam wächst zusammen, was zusammen gehören soll. 

Ich bin überzeugt, dass Veränderungen im Rahmen des Pastoralen Weges notwendig sind. Weil wir gesellschaftlich und kirchlich in einer epochalen Umbruchsituation leben. „Es ist der Weg von der Volkskirche zur Kirche der Entscheidung.“ D.h. in Zukunft wird die Kirche immer mehr aus Menschen bestehen, die sich ganz bewusst für den Glauben an Jesus Christus entscheiden und diesen Glauben in der Glaubensgemeinschaft der Kirche leben und praktizieren wollen. Wir können in vielen Bereichen der Seelsorge nicht einfach weitermachen wie bisher. Es darf aber auch nicht sein, dass wir nur reduzieren: Gebäude, Personal, Gottesdienste, verschiedene pastorale Angebote. Wir müssen nicht nur manches, was uns lieb und teuer ist. aufgeben. Wir müssen auch vieles anders machen. 

Ich bin überzeugt, die Kirche hat Zukunft, weil sie eine gute Botschaft hat, die in unserer krisengeschüttelter Zeit Halt und Orientierung schenkt und wir im Glauben an Christus Kraft finden, um mit den Herausforderungen des Lebens fertig zu werden. 

Aber welche Zukunft die Kirche bei uns hat, das hängt von einem jeden Einzelnen von uns ab. Es kommt darauf an, wie viele von uns ihre Taufberufung neu entdecken und auch – wie unser Bischof in der Predigt bei seiner Bischofsweihe sagte - „Freude daran bekommen, diese Berufung zu leben“ 

Der Pastorale Weg wird gelingen, wenn wir noch mehr bereit sind aufeinander zuzugehen, miteinander für guten Lösungen ringen und am Ende auch bereit sind getroffene Entscheidungen, die nicht immer unserer Meinung entsprechen werden, zu akzeptieren.

Wir können voneinander lernen, wir können einander ergänzen und bereichern. Wir müssen uns immer wieder auch in Bewegung setzen physisch und mental. Der Heilige Geist ist am ehesten dort anzutreffen, wo Menschen in Bewegung kommen bzw. in Bewegung sind. Das wünsche ich uns allen.

A m en