Schmuckband Kreuzgang

Das Wort zum Sonntag

Beten hilft! - Text: Lk 18, 1-8

Pfarrer Karl Zirmer (c) Markus Schenk, Büttelborn
Pfarrer Karl Zirmer
Datum:
Sa. 18. Okt. 2025
Von:
Pfarrer Karl Zirmer

Vom Beten ist die Rede in den heutigen Schrifttexten. Genau genommen geht es um das beharrliche, ja hartnäckige Bittgebet. Und Jesus gibt uns die Zusage, dass Gott unsere Bitten hört und erhört.

Beten hilft! Das ist eine Erfahrung die schon viele Menschen gemacht haben. Aber viele Menschen machen eben auch die gegenteilige Erfahrung, dass ihre Bitten und ihr Flehen nicht erhört wurden. Dass sie vergeblich Gott um Hilfe angefleht haben. So manch einer beantwortet die Frage: „Was hältst du vom Beten?“ aufgrund von enttäuschenden Erfahrungen die er gemacht hat, mit der Aussage: „Es hilft nicht!“

Hier stehen wir vor einem der dunkelsten und schmerzlichsten Probleme unseres Glaubens überhaupt; hier sind wir konfrontiert mit der ganzen, schier unlösbaren Problematik des Bittgebetes. Gott hilft nicht, er schweigt, er greift nicht ein: Hunger, Krieg, Terror, Elend, Tod im Nahen Osten, in der Ukraine und an vielen anderen Orten dieser Welt.

Und dennoch: Wir dürfen und sollen mit Gott reden, wie uns zumute ist. Weil wir an einen gütigen Gott glauben, auch wenn seine Wege oft nicht unsere Wege, seine Gedanken oft nicht unsere Gedanken sind. Und da können wir lernen von den Betern des Alten Testaments. Da haben Menschen manchmal mit Gott gehadert und gerungen. Sie haben gejubelt und Gott gedankt für das Schöne und Gute, das ihnen zuteil geworden ist. Sie haben aber auch Gott verantwortlich gemacht für ihre Angst und Todesnot, sie haben ihm Vorwürfe gemacht, dass er sie verlassen habe, obwohl er doch Treue versprochen hatte.

Das heutige Evangelium will uns dazu ermutigen, nicht hinunterzuschlucken, was uns zu schaffen macht, was wir an Gott nicht verstehen. Gott muss nicht geschont werden, weil er vielleicht empfindlich wäre. Er ist auch kein beleidigter Gott, der uns unsere Unhöflichkeit heimzahlen würde. Er ist der Gott, der uns in eine Welt gestellt hat, die nicht vollkommen ist. Wir müssen darüber reden und beten, mit Gott und miteinander. Dann wird unser Beten zu einer Erfahrung, die befreit und froh macht.

In einem Bibelkreis wurde über das Beten sehr kontrovers diskutiert. Die einen meinten: Beten hilft. Die anderen sagten: Es hilft doch nicht! Nach einer Weile sagte eine Frau: „Ich war vor kurzem sieben Wochen im Krankenhaus; ich habe erfahren, dass beten hilft.“ Damit war die Debatte zu Ende.

Die Frau sagte nicht: Ich bin durch das Beten gesund geworden. Sie hat ihre Erfahrung vielmehr so ausgedrückt: „Ich habe erfahren, dass Beten hilft.“  Albert Schweitzer kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Er sagt: „Gebete ändern nicht die Welt. Aber Gebete ändern die Menschen. Und die Menschen ändern die Welt!“

Es geht nicht darum, auf Gott einzureden und ihn davon zu überzeugen, was für uns und andere gut ist. Mit unserem Beten wollen wir nicht Gott überreden und ihn für uns gewinnen. Gott weiß, was uns nottut. Dazu braucht er unser Gebet nicht. Aber für uns ist es notwendig und wichtig, dass wir beten.  Denn das Beten kann uns verändern. Wir werden innerlich ruhiger und gelassener. Und können so mit den Herausforderungen des Lebens leichter fertig. Mit anderen Worten: Das Beten hilft auf jedem Fall. Wenn uns Gott, die Last, unter wir stöhnen, nicht abnimmt, dann dürfen doch darauf vertrauen, dass er uns die nötige Kraft schenkt, um sie zu tragen.

So enthält das Gleichnis, das Jesus uns heute im Evangelium vor Augen führt, eine doppelte Botschaft. Erstens: Sei hartnäckig, auch Gott gegenüber! Wirf nicht so schnell die Flinte ins Korn! Geh Gott mit deinen Bitten auf die Nerven! Zweitens: Sei offen für die Weisheit Gottes, die dir vielleicht etwas ganz anderes schenkt, als das, was du erbittest- dir zum Segen, wer weiß?! Vielleicht hat diese Haltung auch etwas mit dem Glauben zu tun, von dem es am Ende des heutigen Evangeliums heißt: „Wird der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?“ (Lk 18,18)

A m e n