Es ist Sonntagmorgen als es klingelt. Martina öffnet die Tür. Ihr Freund Martin steht draußen und fragt: „Kommst du mit zum Fußballplatz? Mein großer Bruder Paul spielt heute dort!“ Martina schüttelt den Kopf: „Nein, ich gehe jetzt gleich mit meiner Familie in die Kirche zur Messe.“ Martin ist enttäuscht. „Aber wenn du willst, kannst du mitkommen“, lädt Martina ihn ein. Martin zögert erst, aber dann ist er einverstanden und alle zusammen gehen zur Kirche.
Als sie ankommen, sitzen schon viele Leute in den Bänken. „Ich war noch nie in einem katholischen Gottesdienst“, sagt Martin. „Was passiert denn jetzt hier?“ „Das kann ich dir erklären – wir haben das alles mit dem Pfarrer besprochen, weil ich doch dieses Jahr zur Erstkommunion gegangen bin!“, sagt Martina. „Was willst du denn wissen?“
Martin überlegt nicht lange: „Wieso sagst du „Messe“? Draußen an der Infotafel steht doch „Eucharistiefeier“, und was bedeutet „Erstkommunion“?“ „Also der Reihe nach“, antwortet Martina: „Eucharistiefeier“ und „Messe“ sind zwei unterschiedliche Worte für die gleiche Sache. „Eucharistie“ ist Griechisch und bedeutet „danken“. Und „Messe“ kommt aus dem Lateinischen von „missio“, das heißt „Aussendung“. Wir sagen zum Gottesdienst „Messe“, weil am Ende der Pfarrer die Menschen segnet und sie an den Auftrag Jesu erinnert, der die Christen zu den Menschen geschickt hat, um ihnen von Gott zu erzählen.“
„Aha“, meint Martin nachdenklich, „und wieso bist du dann zur „Erstkommunion“ und nicht zur „Erstmesse“ gegangen? „Kommunion bedeutet „Gemeinschaft“, weil alle Christen auf der Welt zusammengehören. Aber erst wenn man alt genug ist, darf man zur Kommunion gehen. Das heißt, ich bekomme von diesem Tag an vom Pfarrer auch die Hostie und manchmal auch den Kelch mit Wein. Zur Messe bin ich ja auch schon vorher gegangen. Überhaupt kann jeder Mensch die Messe besuchen und mitfeiern“, erklärt Martina.
„Das wird ja immer komplizierter. Was ist denn eine „Hostie“? fragt Martin weiter. „Das wirst du nachher sehen – es ist eine besondere Art Brot und sieht so ähnlich aus wie eine Oblate, die man zum Plätzchenbacken nimmt“, sagt Martina. „Jetzt fängt der Gottesdienst gleich an, dann können wir nicht weiter reden. Dann werden Lieder gesungen und es wird aus der Bibel vorgelesen. Danach erklärt der Pfarrer in seiner Predigt, was die Geschichte aus der Bibel für unser Leben bedeuten kann, dazwischen werden viele Gebete gesprochen – manche beten wir auch alle zusammen“, erzählt Martina.
In dem Moment kommt der Pfarrer mit einigen Messdienern in die Kirche und geht zum Altar. Die Leute fangen an zu singen und alles passiert so, wie Martina es gesagt hat. Martin findet die Orgelmusik richtig feierlich, aber von der Predigt des Pfarrers versteht er nicht viel. Lieber betrachtet er sich die schönen Glasfenster.
Dann ist der Pfarrer fertig und alle Leute stehen auf. Martin beeilt sich auch aufzustehen und flüstert zu Martina: „Wieso stehen wir jetzt schon wieder auf?“ Martina flüstert zurück: „Jetzt kommt das Glaubensbekenntnis – das ist fast das gleiche wie in der evangelischen Kirche – nur ein Wort ist anders! Wir stehen auf, weil das ein wichtiges Gebet ist und wir so zeigen, dass wir wirklich an Gott glauben und ihn ehren wollen.“ Martin ist beeindruckt und hört zu – auch bei den Fürbitten, bei denen Gott um Hilfe für verschiedene Sorgen und Menschen gebeten wird.
Als sie sich wieder hinsetzen wird ein Lied gesungen, und Martin nutzt die Gelegenheit, Martina zu fragen, was jetzt passiert. Martina erklärt: „Jetzt spricht der Pfarrer ganz besondere Gebete und dankt Gott für Brot und Wein und ganz besonders dafür, dass er seinen Sohn Jesus auf die Welt geschickt hat. Das ist nämlich der Grund, warum wir Eucharistie feiern. Wir sagen Gott Dank für Jesus Christus und dafür, dass Jesus am Kreuz gestorben und nach drei Tagen auferstanden ist.“ „Aber was hat das mit Brot und Wein zu tun?“, will Martin wissen. „Jesus hat mit seinen Jüngern kurz vor seinem Tod gemeinsam zu Abend gegessen. Dabei hat er Gott für Brot und Wein gedankt und beides mit seinen Freunden geteilt. Dabei hat er ihnen gesagt, dass sie immer an ihn und seine Botschaft denken sollen. Deswegen sollen sie auch immer gemeinsam mit Brot und Wein feiern. Jesus hat ihnen auch versprochen, dass er dann immer bei ihnen sein wird. Daran glauben wir Christen bis heute und deshalb ist die Eucharistie für uns auch etwas ganz Besonderes!“, erklärt Martina stolz. Martin ist beeindruckt und muss über so viele neue Dinge erst einmal nachdenken.
Der Gottesdienst geht weiter und tatsächlich spricht der Pfarrer von Jesus und dem letzten Abendmahl und den Jüngern Jesu. Aber warum sagt er „Das ist mein Leib“ als er die Hostie hoch hält und was meint er wenn er sagt, „Das ist mein Blut“ – das kann ja kein echtes Blut sein, denkt Martin und nimmt sich vor, Martina nach dem Gottesdienst zu fragen. Sie ist nämlich gerade mit den anderen Leuten nach vorne gegangen, wo alle Leute eine Hostie bekommen. Als sie wieder zurückkommt, ist der Gottesdienst auch schon fast vorbei. Zum Schluss segnet der Pfarrer alle, und es wird noch ein Lied gesungen. Danach gehen alle aus der Kirche hinaus; draußen stehen viele Leute noch zusammen und unterhalten sich.
Martin ist in Gedanken noch ganz bei dem Pfarrer und der Messfeier, er fragt Martina: „Ist das wirklich Blut in dem Kelch?“ „Nein“, lacht Martina, „wir sind doch keine Kannibalen! – Der Pfarrer sagt das, um damit den Auftrag Jesu zu erfüllen, von dem ich dir erzählt habe. Jesus wollte, dass alle seine Jünger sich an ihn und an das letzte Abendmahl mit ihm erinnern und daran, dass er für die Menschen gestorben ist. Er hat ja sein Leben geopfert und sein Blut vergossen, als er am Kreuz gestorben ist.“ „Aber der Pfarrer hat gesagt „mein Blut“ – und nicht „Jesu Blut“!“ sagt Martin hartnäckig. Da muss Martina auch einen Moment nachdenken – das ist ihr noch nie richtig aufgefallen.
Tante Sophia hat schon die ganze Zeit unbemerkt neben ihnen gestanden und mischt sich jetzt ein: „Guten Morgen, Martina, guten Morgen, Martin. Ich habe euch zugehört. Ja, das ist wirklich nicht einfach zu verstehen. Viele Erwachsene verstehen das auch nicht, aber ich kann versuchen, es euch zu erklären: Der Pfarrer ist in diesem Moment nicht nur der Pfarrer, sondern er ist Stellvertreter Jesu, das heißt, er handelt an Stelle von Jesus – also kann er auch sagen „mein Blut“, obwohl alle wissen, dass es um Jesu Blut geht und in dem Kelch Wein ist.“ Martina guckt nachdenklich: „Aber woher hat der Pfarrer das Recht, das als Stellvertreter von Jesus zu machen?“ „Dazu ist er beauftragt“, erklärt Tante Sophia. „Er ist von einem Bischof zum Priester geweiht worden und damit hat er das Recht, als Stellvertreter Jesu die Eucharistie und die anderen Sakramente zu feiern. Das besondere an diesem Auftrag ist, dass er seit der Zeit Jesu immer weiter gegeben wird: Erst an die Apostel, und dann haben die besondere Männer damit beauftragt. Diese nannte man später Bischöfe und die haben wieder andere beauftragt und so weiter bis zu unserem Pfarrer, der jetzt gerade mit uns die Messe gefeiert hat.“ Martina staunt: „Dann hat der Pfarrer ja den Auftrag sozusagen direkt von Jesus! – Das wusste ich auch nicht.“ „Ja, das stimmt“, meint Tante Sophia.
Martin guckt erschrocken auf seine Uhr „Jetzt muss ich schnell nach Hause. Meine Mutter wartet sicher schon auf mich!“, ruft er und läuft los. Auch Martina wird von ihrer Mutter gerufen und zusammen gehen sie nach Hause.
Autor(en): Eva Reuter